Frauen im Fokus – Carina Haarmann
Von der Arbeit am Schreibtisch bis zum Einsatz vor Ort: Carina Haarmann aus Dezernat 54B berichtet über ihren Arbeitsalltag in der Wasserwirtschaft – und was zu tun ist, wenn ein Hochwasser aufläuft.
Wie sind Sie zu Ihrer jetzigen Position gekommen?
Ich habe 2014 meine Anwärterschaft zur Umweltoberinspektorin bei der Bezirksregierung Köln abgeschlossen. Anschließend bin ich eher zufällig zum Hochwasserschutz am Rhein bei der Bezirksregierung Düsseldorf gekommen.
Was sind Ihre zentralen Aufgaben im Bereich Hochwasserschutz?
Unser Aufgabenspektrum reicht von der Genehmigung von Deichbauvorhaben bis zur Bewilligung von Fördermitteln für die Sanierungsmaßnahmen der Hochwasserschutzanlagen. Wir begleiten gemeinsam mit der Verwaltung die Planfeststellungsverfahren und sind bei der Ausführung als Bauaufsicht aktiv beteiligt. Darüber hinaus erteilen wir deichaufsichtliche sowie wasserrechtliche Genehmigungen und überwachen die Hochwasserschutzanlagen. Im Ernstfall bin ich auch als Einsatzkraft tätig, wenn am Rhein ein Hochwasser aufläuft.
Welche besonderen Herausforderungen bringt Ihre Arbeit mit sich?
Wir sind mit vielen verschiedenen Akteuren in Kontakt: mit Denkmal- und Naturschutzbehörden, Umweltverbänden, der Abfallwirtschaft, dem Immissionsschutz sowie natürlich mit den Kommunen und den Betroffenen, etwa Anwohnerinnen und Anwohnern. Man muss Feingefühl für die andere Seite mitbringen, um die vielen verschiedenen Interessen, gerade in großen Verfahren, zusammenzuführen. Immer natürlich vor dem Hintergrund, dass das mit dem Hochwasserschutz vereinbar ist.
Sie sagten bereits, dass Sie auch Einsatzkraft bei Hochwasser sind. Was beinhaltet diese Aufgabe?
Es gibt Hochwassereinsatzpläne der Deichverbände und Kommunen mit festgelegten Maßnahmen, etwa dem Schließen von Absperrschiebern oder Deichtoren. Wir überprüfen, ob die Maßnahmen korrekt umgesetzt werden.
In erster Linie begutachten wir aber die Hochwasserschutzanlagen vor Ort. Das heißt, wir schauen, ob beim Einstau der Hochwasserschutzanlagen Probleme auftreten. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass durch den Wasserdruck im Untergrund auf der Landseite des Deiches Wasser mit Material austritt. Dann handelt es sich um einen sogenannten Quelltrichter. Außerdem halten wir Ausschau nach Rissen oder weiteren Anzeichen für das mögliche Abrutschen der Böschung.
Wenn es wirklich zu einem Worst-Case-Szenario mit Deichverteidigung kommt, müssen wir in Abstimmung mit den Hochwasserschutzpflichtigen, also den Deichverbänden und Kommunen, weitere Maßnahmen einleiten.
Können Sie sich an ein Hochwasser erinnern, das Sie besonders geprägt hat?
Ja, das Weihnachtshochwasser 2023 an der Ruhr. Da haben wir von der Bezirksregierung Düsseldorf, zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen der Oberflächengewässer, als Einsatzkräfte aktiv unterstützt. Daran erinnere ich mich deshalb so gut, weil wir im Wechsel Zwölf-Stunden-Schichten hatten und mit unseren Familien Weihnachten feierten.
2023 war der Wasserstand durch starken Niederschlag sehr hoch. Der eigentliche Auslöser für den Hochwassereinsatz war jedoch eine entlaufene Kuhherde, die den Deich überquerte und die wasserseitige Böschung stark beschädigte. Wir mussten Maßnahmen zur Deichverteidigung einleiten: Es wurden Vliesmatten und Sandsäcke verlegt sowie Bäume im Hinterland gefällt. Außerdem haben wir eine Auflastberme, also eine zusätzliche Schicht aus durchlässigem Material zur Stabilisierung des Deiches, aufgeschüttet.
Aus dem Deich darf zwar Wasser austreten, es muss allerdings klares Wasser sein. Bei trübem Wasser handelt es sich um Materialaustrag aus dem Deich – es besteht also die Gefahr einer inneren Erosion.
Welche Entwicklungen sehen Sie in den nächsten zehn Jahren für den Hochwasserschutz am Rhein, insbesondere mit Blick auf den Klimawandel?
Besonders bei kleineren Gewässern zeigt sich bereits, dass Starkregenereignisse häufiger zu Hochwasser führen.
Beim Rhein gibt es allerdings den Vorteil, dass er als einer der längsten Flüsse Deutschlands sehr viel Volumen aufnehmen kann. Im Hochwasserfall fließen hier bis zu 13.500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch. Außerdem ist der Rhein primär durch die Schneeschmelze in den Alpen beeinflusst. Hier lässt sich momentan zumindest keine Zunahme erkennen.
In den nächsten zehn Jahren bleibt dies also voraussichtlich unproblematisch. Eine Hochwasserschutzanlage ist allerdings auf 100 Jahre ausgelegt. Wir wissen natürlich nicht konkret, wie es sich weiter entwickeln wird. Das bleibt abzuwarten.
Wichtig ist nur, dass wir die Deiche im Hinblick auf mögliche Szenarien nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sanieren.
Was motiviert Sie an Ihrem Beruf?
Besonders motivieren mich meine Kolleginnen und Kollegen sowie die gute Stimmung im Team, sowohl mit den Mitarbeitenden der Technik als auch mit denen der Verwaltung.
Es macht natürlich auch Spaß, an der Umsetzung des Hochwasserschutzes in Nordrhein-Westfalen mitzuwirken. Ich freue mich, wenn nach jahrelangen Prozessen mit Verfahren und Klagen eine Hochwasserschutzanlage gebaut werden kann – auch wenn es manchmal länger dauert.
In einem großen Haus wie der Bezirksregierung gibt es viele verschiedene Aufgabenbereiche. Was schätzen Sie besonders an der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden?
Gerade im Umweltbereich haben wir natürlich mit vielen anderen Dezernaten zu tun. Die Kolleginnen und Kollegen sind immer hilfsbereit, und Lösungen können oft kurzfristig gefunden werden.
Zudem finde ich die Angebote im Haus super: Ob es die After-Work-Events oder die bewegte Mittagspause sind. Ich selbst biete auch einen Kurs im Rahmen der bewegten Mittagspause an. So kommt man mit Kolleginnen und Kollegen in Kontakt, mit denen man sonst dienstlich nicht unbedingt Berührungspunkte hat.
Welche Vorteile sehen Sie darin, im öffentlichen Dienst tätig zu sein?
Was sich für mich vor allem in der Corona-Pandemie ganz klar gezeigt hat, ist der sichere Arbeitsplatz. Außerdem die gute Work-Life-Balance. Da ich einen langen Arbeitsweg habe, schätze ich besonders die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten.
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