Jekaterina Vankevic

Frauen im Fokus – Jekaterina Vankevic

In diesem Gespräch erzählt uns Jekaterina Vankevic aus Dezernat 33 von ihrer Arbeit bei der Flurbereinigung, einer spannenden Tätigkeit, die rechtliche Verfahren, technische Vermessungen und viel Kommunikation vereint. Sie erklärt, warum vorausschauendes Denken in ihrem Beruf so wichtig ist, und wie es ist, in einer eher männerdominierten Branche zu arbeiten.  

Wie sind Sie zu Ihrer jetzigen Position gekommen?

Mein beruflicher Weg begann im Baltikum – ich bin in Litauen geboren. Mein Bachelor-Studium habe ich an der damaligen Litauischen Universität für Landwirtschaft abgeschlossen. Die Schwerpunkte meines Studiums waren Stadt- und Landplanung. 
In Litauen war der Arbeitsmarkt zu dieser Zeit sehr angespannt – viel Arbeitslosigkeit und niedrige Löhne. Aus Deutschland hörte ich, dass Ingenieurinnen und Ingenieure gesucht wurden. Deutsch hatte ich bereits in der Schule. Also dachte ich mir: Was habe ich zu verlieren?

2010 bin ich nach Deutschland gekommen. Es hat etwas Zeit in Anspruch genommen, bis ich mich integriert hatte. Bei der Bezirksregierung Düsseldorf habe ich mich 2013 für die Laufbahn im gehobenen Dienst beworben. Seit dem Abschluss der Laufbahn bin ich im Bereich Flurbereinigung tätig. Das ist für mich mein absoluter Traumjob! Ich freue mich jeden Tag aufs Neue zur Arbeit zu gehen.

Was versteht man unter Flurbereinigung?

Es ist nicht so, dass wir Flure putzen (lacht). Man kann sich das als großes Projekt vorstellen. Wenn zum Beispiel eine Straße oder ein Deich gebaut werden, braucht man Flächen. Flächen werden nicht immer freiwillig abgegeben. Wir stehen deshalb im Austausch mit den Betroffenen: Privatpersonen, in der Regel kleine und große Landwirtinnen und Landwirte, oder auch Städte und Kommunen. Mit dem Antragsteller, also beispielsweise der Enteignungsbehörde oder dem Deichverband, besprechen wir uns auch. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, um Flächen verfügbar zu machen.

Welche Aufgaben gehören zu Ihrem Tätigkeitsbereich?

Ein Flurbereinigungsverfahren beginnt mit dem Antrag des Antragsstellers, in meinem Fall dem Deichverband, und endet mit der Ausführungsanordnung. Dazwischen können mehrere Jahre oder Jahrzehnte liegen. Mit den Betroffenen wird viel kommuniziert. Es werden Vereinbarungen getroffen, zum Beispiel Verzichtserklärungen oder Planvereinbarungen. 

Zur Flurbereinigung gehören auch der Außendienst und der technische Teil der Arbeit. Wir vermessen Flurstücke und ihre Grenzen. Darüber hinaus nehmen wir mit Unterstützung der Finanzverwaltung NRW Bodenschätzungen vor. Das heißt, es werden Bodenproben entnommen. Hintergrund ist, dass Betroffene für den Verlust von Flächen entweder finanziell entschädigt werden oder wertgleicher Boden zurückgegeben werden muss.

Es gibt auch kleinere Flurbereinigungsverfahren wie den freiwilligen Landtausch, der im Vergleich zu anderen Verfahrensarten weniger Zeit in Anspruch nimmt. Wenn Landwirtinnen oder Landwirte zu uns kommen und ihre Grundstücke tauschen möchten, prüfen wir den rechtlichen Aspekt: Was steht im Grundbuch? Wer hat alles Rechte an dem Grundstück? Wir haben oft nicht nur Antragstellerin oder Antragssteller, sondern mehrere Personen oder auch Banken, die rechtliche Ansprüche an einer Fläche haben. Bei einem Tausch ist es wichtig, dass die Flächen landwirtschaftlich nutzbar und zudem gleichwertig sind. Selbst wenn es sich um die gleiche Flächengröße handelt, sind beispielsweise Acker und reines Grünland unterschiedlich viel wert. 

Das alles mache ich nicht alleine. Ich habe viel Unterstützung von unserer internen Abteilung für Geodatenmanagement sowie den Vermessungs-, Finanzierungs- und Verwaltungsabteilungen.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen im Arbeitsalltag?

Stellen Sie sich ein Flurbereinigungsverfahren vor, bei dem es um eine 900 Hektar große Fläche geht, und es in etwa 200 Eigentümerinnen und Eigentümer sowie eine ähnlich hohe Anzahl an Nebenbeteiligten, also Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber, gibt. Die größte Herausforderung besteht darin, mit allen Beteiligten die beste Lösung zu finden, damit es keine Klage gibt. Ein Flurbereinigungsverfahren wird von den Betroffenen nicht immer positiv aufgenommen, da viele befürchten, dass sie etwas von ihrem Grundstück abgeben müssen. 

Wir haben allerdings viele Instrumente, um die Situation zu verbessern. Wenn beispielsweise ein Eigentümer mehrere Grundstücke an unterschiedlichen Standorten besitzt, haben wir die Möglichkeit, diese Grundstücke zu einer großen Fläche zusammenzulegen. Man kann sich das wie ein großes Puzzle vorstellen. Wir bei der Flurbereinigung puzzeln alles neu. 

Welche Qualifikationen oder Fähigkeiten sind für Ihren Beruf besonders wichtig?

Das Flurbereinigungsgesetz ist quasi unsere Bibel. Man muss sich damit auskennen und das Gesetz auch anwenden können. Für die Verhandlungsführung ist Kommunikationsfähigkeit sehr wichtig. Für den technischen Teil sind Kenntnisse der entsprechenden Programme nötig. Wir zeichnen auch Karten. 

Darüber hinaus ist globales Denken, also ein gewisses Vorausdenken von Vorteil: Wenn ich heute einen kleinen Schritt gehe, was resultiert daraus in den kommenden Jahren? Welche Probleme könnten entstehen – und was kann ich tun, um sie zu vermeiden? Das finde ich wahnsinnig spannend an diesem Beruf. 

Was motiviert Sie persönlich in Ihrem Beruf?

Die beste Motivation ist, wenn Vorgesetzte sagen: „Danke für die gute Arbeit“ oder die Betroffenen sagen: „Wir haben Vertrauen in die Flurbereinigungsbehörde“. Wenn ich so etwas höre, dann bin ich auf dem richtigen Weg und möchte diesen Weg auch weitergehen. 

In einem großen Haus wie der Bezirksregierung gibt es viele verschiedene Aufgabenbereiche. Was schätzen Sie besonders an der Zusammenarbeit?

Ich schätze besonders die Angebote im Haus, wie zum Beispiel die bewegte Mittagspause. Wir haben alle unterschiedliche Aufgaben, aber mit der bewegten Mittagspause gibt es trotzdem etwas, das wir gemeinsam machen können. Ich war von diesem Angebot so begeistert, dass ich das auch unterstützen wollte. Deswegen biete ich auch bei uns in Mönchengladbach einen Kurs an. Der Kurs wird richtig gut angenommen und das macht mir große Freude. 

Wie erleben Sie die Rolle von Frauen in technischen und planerischen Berufen?

Zusammen mit meinem Vorgesetzten hatte ich vor einiger Zeit einen Termin zur Unterschrift bei einem Vertreter der Stadt. Ich habe dem Vertreter alles erläutert. Er hat mir zwar zugehört, aber dann drehte er sich zu meinem Vorgesetzten und sprach mit ihm. Mit mir hat er kein Wort ausgetauscht. Das war tatsächlich ein komisches Gefühl. Ich fühlte mich nicht ernst genommen. Wichtig ist aber, das nicht persönlich zu nehmen. Meistens liegt es am Gegenüber selbst. 

Diese Branche ist aber auch sehr männerdominiert. Bei einem früheren Praktikum bei der Stadt Neuss musste ich in den Außendienst. Da waren nur Männer und die haben mich alle angeguckt und sicherlich gedacht: Was will sie denn hier? Aber später haben sie dann gesagt: „Wir wollen Sie hier haben.“

Für mich ist es egal, ob Mann oder Frau: Wenn die Person gute Arbeit macht, dann passt es. 


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