Zucht und Ordnung
Die preußische Behörde und der rheinische Karneval
Die Gefährdung für Zucht, Sitte und Wohlstand durch das Tanzvergnügen
Ein anderer Bereich befaßt sich 1836/37 mit dem Verbot der Zulassung von Tanzvergnügungen in den Schenkwirtschaften, gegen die die Pfarrer wegen der Verderbnis für die jungen Leute - insbesondere für die Dienstboten, die der "niederen" Bevölkerungsklasse angehören - mit heftigen Anträgen bei der hochwohllöblichen Königlich-preußischen Regierung zu Düsseldorf zu Felde zogen.
Aus Meiderich bei Duisburg wird 1837 berichtet: "Die Unsittlichkeit und rohe Lust bei der Aufführung der Tanzmusik im Hause des Wirthes Missig haben mich veranlaßt ein besonderes Augenmerk auf die Leute zu richten. Es wird bei einer Vernehmung zugegeben, daß die Gäste in seinem Hause in unanständiger Weise mit Frauenzimmern verkehrt und bei geöffneten Fenstern unanständige Lieder gesungen hätten. Der Gassenhauer
"Da droben auf dem Berge
da steht'ne Kapell,
da reiten drei Schneider
auf einer Mamsell"
sei, so habe er mit Augen und Ohren wahrgenommen, und bei seinem Eid und seiner Glaubwürdigkeit als Polizeibeamter bestätigte er, mehrfach zum Fenster herausgesungen worden. Auch sei während des sonntäglichen Gottesdienstes alkoholisches Getränk an die niederen Klassen verabreicht worden. Hierdurch werde die Moralität und der Anstand absolut untergraben." (Übrigens hatte der Wirth Missig den größten Teil der Aussagen als üble Nachrede neidischer Leute abgewehrt. Man sieht, wie streng damals die Auffassungen waren.)
Kampf dem Alkohol
Da die Tanzvergnügungen in der Regel in Schankwirtschaften stattfanden, der Genuß von Alkohol neben dem Tanzen aber als verderblich angesehen wurde, erfolgte aufgrund der Eingaben eine Reaktion aus Berlin.
Der Minister des Innern und der Polizei zu Berlin wies in seinem Runschreiben vom 11. März 1837 die Regierungspräsidenten auf die Gründung von Mäßigkeitsvereinen zur Verringerung des Brannteweinconsums in den Regierungsbezirken Arnsberg und Posen hin und bat alle staatlichen Stellen ähnlichen Vereinsgründungen größtmögliche Unterstützung zu gewähren. Dringendst empfahl er, die deutsche Übersetzung eines amerikanischen Buches über "Die Geschichte der Mäßigkeitsgesellschaft" zu lesen und die erfreulichen Aufschlüsse und interessanten Darstellungen der Mittel, denen sich die Mäßigkeitsgesellschaften bedient haben, zur Nachahmung zu eigen zu machen.
Am 10. July 1837 erschien deshalb im Düsseldorfer Amtsblatt Nr. I-II-3895 eine Bekanntmachung in der ausführlich auf die Gefahren des Alkoholconsums hingewiesen und die Bildung von Mäßigkeitsvereinen befürwortet und gefördert wird.
Die Zuständigkeit des Regierungspräsidenten bei Seuchen
Im Oktober 1844 zeigten sich im linksrheinischen Gebiet mehrere Fälle von Kindbettfieber, dessen Ursache damals noch nicht bekannt war. Dem Regierungspräsidenten wurden anonyme Drohungen gegen eine Hebamme als Schuldige geschickt, damit sie amtlich nachgeprüft würde, (evtl. Strafanzeige wegen Hexerei). Das hat Regierungspräsident aber untersagt.
Zwischen August 1844 und 1847 traten verstärkt epidemisch auftretende Fälle von Ruhr und Typhus auf, die zu einem amtlichen Verbot von Kirmessen und Schießveranstaltungen durch den Regierungspräsident führten. In einem an die hochwohllöbliche Königliche Regierung zu Düsseldorf gerichteten Schreiben des Land-Raths heißt es über die Ruhrerkrankten im Bereich der Gemeinden Nettesheim und Sinsteden am Schluß: "... besonders in Sinsteden nimmt dieselbe immer mehr einen bösartigen Charakter an und liegen noch mehr Individuen darnieder. Die mitgetheilten Rathschläge des Herrn Kreisphysicus zur Verwahrung gegen die Krankheit werden den Einwohnern jeden Sonntag durch die Pfarrgeistlichkeit in Erinnerung gebracht.
Der Königliche Land-Rath."
Im gesamten Neuß-Grevenbroicher Bereich nahm die Ruhrkrankheit bedenkliche Züge an, so daß der von der Regierung beauftragte Physicus mit den örtlichen Ärzten in ständigem Kontakt blieb
Und so klangen Polizeiberichte aus dem Jahre 1867
Bürgermeister Baasel zu Angermund berichtet dem Regierungspräsident, daß der Schlossergeselle H. die Dienstmagd K. vermittels eines Pistolenschußes schwer verletzt habe, weil sie ihm nicht willens sein wollte.
Der gleiche Bürgermeister berichtet am 27.10.67, daß ein Mordversuch am Pfarrer E. während des Beichthörens in der Kirche durch den Gärtner O. vorgenommen worden sei.
Ein weiterer Polizeibericht meldete, daß die Jungfrau Bl. genotzüchtigt worden sei und dann durch Hammerschläge, die ihr K. auf dem Kopf verabreicht habe, den Geist aufgegeben hätte.
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