Deichsanierung (Symbolbild)
29.09.2022

Mehr Transparenz beim Hochwasserschutz am Rhein

Konferenz zum Fahrplan Deichsanierung bei der Bezirksregierung

Beim jährlichen Treffen zum „Fahrplan Deichsanierung“ haben Vertreter von Umweltministerium, Bezirksregierung und den hochwasserschutzpflichtigen Deichverbänden und Kommunen sich mit einem übersichtlicheren und detaillierteren Darstellungsverfahren der notwendigen Schutzmaßnahmen am Rhein befasst. Dies soll einerseits für mehr Transparenz und Verständlichkeit sorgen, andererseits aber auch dabei helfen, personelle und finanzielle Ressourcen der Beteiligten noch gezielter einzusetzen.

Im Regierungsbezirk sind über 40 Hochwasserschutzmaßnahmen zu planen und zu genehmigen. Das Land fördert die Kosten bis zu 80 Prozent, dennoch sind diese großen Projekte für die oft ehrenamtlich agierenden Deichverbände eine Herausforderung. Hinzu kommt, dass in der Planung eine Menge Dinge zu berücksichtigen sind: Es geht unter anderem um die Belange von Anwohnern und Grundstückseigentümern, Naturschutz oder Kampfmittelbeseitigung. Das führt nicht selten zu Umplanungen oder auch Klageverfahren.

Weitere Gründe, warum ein Zeitplan für Maßnahmen nicht realistisch aufgestellt werden kann, sind komplexe Verfahren, die über eine reine Deichsanierung hinausgehen, wie Flutungspolder, die der Kappung von großen Hochwasserwellen dienen. Weiterhin sorgt die Personalknappheit bzw. der Fachkräftemangel bei allen beteiligten Akteuren für Schwierigkeiten. In diesem Jahr erschweren die steigenden Rohstoffpreise und ihre bedingte Verfügbarkeit zusätzlich die fristgerechte Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen.

So kommt es auch ohne Zutun der Akteure zu teilweise erheblichen Verzögerungen. Es wurde klar, dass das ursprünglich gesetzte Ziel, alle Hochwasserschutzprojekte im Bezirk bis Ende 2025 abzuschließen, nicht zu halten ist.

Vize-Regierungspräsident Roland Schlapka verwies in seiner Begrüßung ebenfalls auf die Komplexität der Verfahren. Anhand der im Plenarsaal dargestellten Beamtentugenden Fleiß, Wahrheit, Eintracht sowie Recht und Ordnung verdeutlichte er die unterschiedlichen Anforderungen an die Bezirksregierung. „Es werden Rufe laut, die Genehmigungsprozesse zu verschlanken und zu beschleunigen – ein Ziel, dem wir uns durchaus verpflichtet fühlen. Gleichwohl ist die Bezirksregierung an geltendes Recht und Gesetz gebunden. Die aktuellen Vorgaben müssen beachtet werden, um rechtssichere Genehmigungen zu erteilen.“

Um die Risiken im Einzelfall besser darstellen zu können, wurde im letzten Jahr beschlossen, dass ein sogenannter Maßnahmensteckbrief eingeführt wird, in dem die Hochwasserschutzpflichtigen jährlich die projektbezogenen Besonderheiten berichten. Zudem haben die Fachleute aus dem Dezernat Wasserwirtschaft vorgeschlagen, die Projekte in drei Gruppen (grün, gelb, rot) nach Belastbarkeit der (Zeit-)Planung aufzuteilen.

In der Grünen Kategorie werden die Maßnahmen aufgelistet, deren Planfeststellung abgeschlossen und deren Umsetzung in einer absehbaren Zeitschiene realisierbar sind. In der Gelben Kategorie befinden sich die Projekte, wo Planfeststellung und weitgehend auch Umsetzung auf einer belastbaren Zeitschiene möglich erscheinen. In der Roten Kategorie schließlich tauchen die Projekte auf, für die es keine belastbaren Zeitpläne für Planfeststellung und Umsetzung gibt.

Ein Beispiel für nicht planbare Verzögerungen ist das Urteil zum Himmelgeister Rheinbogen in Düsseldorf. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Februar entschieden, dass bei der Genehmigung dieses Projektes die Zurückverlegung des Deichs und damit eine Wiederherstellung des früheren Überschwemmungsgebiets nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Da diese Entscheidung grundlegende Bedeutung hat und sich auf andere Planungen auswirken kann, hat die Bezirksregierung Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Da jedoch nicht abzusehen ist, wann eine Entscheidung fällt, müssen zunächst auf der Grundlage dieses Urteils zahlreiche Verfahren überprüft und ggf. neu geplant werden, was zu weiteren Verzögerungen führen kann.

Hans-Jörg Lieberoth-Leden, Abteilungsleiter im NRW- Umweltministerium, betonte die Vorteile des neu entwickelten Ampelsystems, durch welches sich positive Entwicklungen der Maßnahmen darstellen lassen. Es werde so noch mehr Transparenz und Aufmerksamkeit geschaffen. „Es ist ein Auftrag an alle Beteiligten, insbesondere die roten Maßnahmen so gut wie möglich voranzubringen.“

Nach einer angeregten Diskussion zwischen den Beteiligten wurde der Vorschlag für die Neuausrichtung angenommen und der Fahrplan Deichsanierung gemeinsam verabschiedet.

Dabei müsse aber das Ziel im Fokus bleiben, betonte Schlapka: „Auch wenn der Niederrhein in den vergangenen Jahren von größeren Hochwässern verschont wurde, hat das Starkregenereignis im letzten Sommer die Gefahren von Hochwasser nochmal deutlich vor Augen geführt. Der Hochwasserschutz wird von der Öffentlichkeit eingefordert und das verstehen wir als unseren Auftrag.“

Der Fahrplan Deichsanierung

Am 31. Oktober 2014 wurde vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) mit der Bezirksregierung Düsseldorf, den Deichverbänden und hochwasserschutzpflichtigen Kommunen ein Sanierungsplan für die Deiche und Hochwasserschutzanlagen am Rhein - "Fahrplan Deichsanierung" - verabredet. Bis Ende 2025 sollten demnach alle Hochwasserschutzanlagen am Rhein von Monheim bzw. Dormagen bis zur niederländischen Grenze an die technischen Regeln angepasst werden.

Die Absprache sieht zudem eine gemeinsame jährliche Sitzung zum Hochwasserschutz am Rhein vor, in der über den Bericht der Hochwasserschutzpflichtigen und das weitere Vorgehen in den einzelnen Sanierungsabschnitten gesprochen wird.

Insgesamt sind demzufolge mindestens 40 Maßnahmen auf einer Länge von rund 85 Kilometern für den Hochwasserschutz am Rhein zu planen, zu genehmigen und anschließend umzusetzen. Auf einer Länge von rund 33 Kilometern liegen 14 Deichabschnitte, die noch als untersuchungsbedürftig gelten und für die der Sanierungsbedarf zu ermitteln ist. Wird im Zuge der Untersuchungen ein Sanierungserfordernis festgestellt, wird für diese Deichabschnitte ebenfalls eine Sanierung eingeleitet. Das Projektcontrolling des Fahrplans Deichsanierung obliegt ebenfalls der Bezirksregierung Düsseldorf. Aufgrund der Fülle der Maßnahmen sowie von der Bezirksregierung nicht zu beeinflussender Verzögerungen in der Planung (z.B. durch Klageverfahren oder Umplanungen) ist mittlerweile deutlich geworden, dass das Ziel 2025 nicht zu halten sein wird.